Fly.io und Cloudflare fallen oft in einen Topf, wenn es um „Edge” geht – technisch und rechtlich sind sie aber ziemlich unterschiedlich.
Kurz gesagt:
- Fly.io ist eine globale Application Platform: Container/VMs, Datenbanken, Private Networking.
- Cloudflare ist in erster Linie CDN & Reverse Proxy mit Edge-Funktionen wie Workers und Pages.
Und genau dieser Unterschied ist für Architektur und DSGVO-Strategie entscheidend.
Fly.io: Globale App-Plattform statt reines FaaS
Fly.io ist näher an „klassischer Cloud” als an einem reinen Functions-Anbieter:
- Docker-basierte Apps werden als VMs („Machines”) in 30+ Regionen ausgerollt – inkl. mehreren Standorten in Europa.
- Du deployst per Dockerfile, bekommst normale Linux-Workloads:
- langlaufende Prozesse
- viel RAM/Storage
- GPUs, Hintergrundjobs, Worker
- Es gibt Managed Services:
- Postgres, CockroachDB, Redis
- Secrets Management
- Private Networking via WireGuard
Fly.io fühlt sich damit an wie ein globaler App-Hoster mit Edge-Charakter – nicht wie „nur Serverless-Funktionen”.
Cloudflare: Proxy-Schicht mit Edge-Funktionalität
Cloudflare dagegen sitzt vor deiner bestehenden Infrastruktur:
- DNS, CDN, Reverse Proxy
- Security-Layer: DDoS-Schutz, WAF, Bot-Protection
- Optimierungen: Caching, Image-Optimierung, Zero-Trust, Access, Tunnel
- Developer-Features:
- Workers (Serverless Functions)
- Pages (Static Hosting + Functions)
- D1, R2, Durable Objects als ergänzende Datenspeicher
Das typische Setup:
User → Cloudflare (Proxy/CDN) → dein Origin (z. B. Fly.io, Hetzner, Vercel ...)
Cloudflare betreibt nicht dein Backend im klassischen Sinne, sondern „veredelt” den Traffic davor.
Technischer Vergleich
Rollenverständnis
| Aspekt | Cloudflare | Fly.io |
|---|---|---|
| Primärrolle | CDN, Reverse Proxy, Security Layer | App-Hosting (VM/Container) + Managed DB |
| Fokus | Performance & Schutz vor deiner App | Deine App selbst global ausführen |
| Typischer Einsatz | Schutz + Beschleunigung bestehender Origins | Globale App-Plattform inkl. Datenhaltung |
Compute-Modell
Cloudflare Workers:
- Laufzeit in einer JS/Wasmtime-Umgebung (V8-Isolates)
- Optimiert für kurze, stateless HTTP-Requests
- Harte Limits bei Laufzeit, RAM und I/O (kein direkter Zugriff auf beliebige TCP/UDP-Services)
- Ideal für Routing, leichtgewichtige API-Logik, Edge-Caching, Auth, kleine Transformations-Tasks
Fly.io Machines:
- Micro-VMs, die aus deinem Docker-Image booten
- Starten in ~300 ms, können:
- langlaufende Prozesse
- WebSockets
- Hintergrundjobs
- persistente Connections zu DBs
- Ressourcen skalierbar: CPU (verschiedene VM-Klassen), RAM (mehrere hundert MB bis viele GB), Storage (Volumes / Block Storage)
Das macht Fly.io spannender für:
- komplette APIs (Node, Bun, Go, .NET, …)
- Worker-Queues, Cronjobs
- stateful Services (Datenbanken, Realtime-Backends, MQTT-Bridges usw.)
Datenhaltung & Backend-Services
Cloudflare
- Kein „klassisches” DB-Hosting
- Stattdessen:
- D1 (SQL, eher leichtgewichtig)
- R2 (Object Storage)
- Durable Objects (Edge-State)
- Für ernsthafte DB-Setups hängt fast immer ein externer Hoster dahinter (RDS, Supabase, Planetscale, Fly, …).
Fly.io
- Bietet direkt:
- Managed Postgres
- Redis
- CockroachDB-Angebote / verteilte Datenbanken
- Dazu Volumes für eigene Datenbank-Images oder Spezial-Setups
- Private Networking verbindet deine Services sicher untereinander
Kurz: Bei Fly.io kannst du deine App inkl. DB auf einem Anbieter bündeln. Bei Cloudflare bleiben originäre Datenbanken typischerweise woanders.
DSGVO-Perspektive: Proxy vs. Hoster
Rechtlich sind beide US-Anbieter, aber mit unterschiedlichem Profil:
Fly.io – wie ein klassischer Cloud-Hoster
- Du deployst deine Workloads in bestimmte Regionen (z. B. Frankfurt, Paris).
- Du kannst steuern:
- wo deine App läuft
- wo deine Datenbanken liegen
- ob du Replikation in Nicht-EU-Regionen aktivierst
- Es gibt ein Data Processing Agreement (DPA), das du abschließen kannst.
- Trotzdem:
- US-Mutter, potenzielle Zugriffe nach US-Recht
- Thema Drittlandsübermittlung bleibt
- du brauchst i. d. R.: Rechtsgrundlage (Art. 6 DSGVO), DPA + Standardvertragsklauseln, Risikoabwägung und ggf. Verschlüsselung
Cloudflare – Traffic-Proxy mit Zusatzrisiko
- Cloudflare sitzt vor allem Traffic:
- IP-Adressen
- Request-Header
- Inhalte je nach Caching/Inspektion
- Selbst wenn dein Origin in der EU steht, laufen Requests zunächst durch die Cloudflare-Infrastruktur.
- Auch hier: DPA, SCCs, EU-Rechenzentren
- Aber: technisch sind immer personenbezogene Daten im Spiel (mindestens IPs, ggf. Cookies etc.).
Der praktische Unterschied:
- Bei Fly.io bestimmst du, welche Daten du auf die Plattform bringst (App, DB, Logs, …).
- Bei Cloudflare fließt jeglicher HTTP-Traffic, oft inkl. Cookies, Tokens, IPs, durch deren Systeme.
Typische Architekturen in der Praxis
1. Nur Fly.io
„Ich will meine App und Daten global bereitstellen, ohne extra Proxy.”
- App + DB auf Fly.io
- DNS entweder direkt auf Fly.io oder über einen anderen Provider
- Geeignet für: APIs, interne Tools, kleinere SaaS-Projekte mit klarer EU-Regionenwahl
2. Cloudflare vor Fly.io
„Fly macht App-Hosting, Cloudflare übernimmt CDN & Schutz.”
- DNS & Proxy über Cloudflare
- Origin: Fly.io (z. B. fra & cdg)
- Vorteile: WAF, DDoS, CDN, Caching, Zero-Trust, Edge-Logic (Workers) für Routing/Offloading
- DSGVO: Du hast Hoster (Fly) plus Proxy (Cloudflare) im Boot – Datenflüsse sauber dokumentieren und bewerten
3. Cloudflare ohne Fly.io
„Ich brauche nur CDN + leichtgewichtige Edge-Logik.”
- Bestehender Hoster (Hetzner, IONOS, on-premise etc.)
- Cloudflare davor nur für Security, Caching, Basic Edge-Funktionen
Entscheidungshilfe: Wann was?
Fly.io ist sinnvoll, wenn:
- du Docker-Workloads oder klassische Server-Apps global ausrollen willst
- du Datenbanken und State nah an der App brauchst
- du eher in „vollwertige App-Plattform” als in „nur Edge-Funktionen” denkst
- du EU-Regionen gezielt nutzen möchtest (z. B. für Home-Assistant-Bridges, IoT-Hubs, APIs mit Latenz-Fokus)
Cloudflare ist sinnvoll, wenn:
- du bestehende Infrastrukturen absichern und beschleunigen willst
- du Edge-Funktionen für Routing, Auth, kleine API-Tasks brauchst
- du ein leistungsfähiges CDN & WAF vor deinen Origins schalten willst
Kombination beider ist oft der Sweet Spot: Fly.io als globale App-Plattform, Cloudflare als Security- und Performance-Layer davor.
Zusammenfassung
„Edge” ist nicht gleich Edge.
- Cloudflare ist primär ein Traffic-Proxy mit Superkräften
- Fly.io ist eine globale App-Plattform für Container, VMs und Datenbanken
Technik und DSGVO hängen dabei eng zusammen: Wo läuft dein Code? Wo liegen deine Daten? Wer sieht welchen Traffic?
Wenn du das sauber trennst, kannst du beide Plattformen sehr gezielt einsetzen – und musst nicht in Schwarz-Weiß-Kategorien denken.