Cloud in Europa: Ja zur Cloud – aber wo bleiben die Alternativen zu den US-Dienstleistern?
Die Cloud hat unseren digitalen Alltag revolutioniert – skalierbar, effizient und allgegenwärtig. Doch in Europa wird immer deutlicher: Die Wahlfreiheit fehlt.
Die Cloud hat unseren digitalen Alltag revolutioniert – skalierbar, effizient und allgegenwärtig. Doch in Europa wird immer deutlicher: Die Wahlfreiheit fehlt. Drei US-Konzerne dominieren die Infrastruktur, während digitale Souveränität und Datenschutz auf der Strecke bleiben.
Höchste Zeit, über echte Alternativen zu sprechen – nicht nur in der Theorie, sondern mit konkreten, europäischen Lösungen.
Cloud only – aber bitte souverän!
Cloudlösungen sind aus der modernen Unternehmens-IT nicht mehr wegzudenken. Sie bieten Flexibilität, Skalierbarkeit und Effizienz. Doch je tiefer europäische Firmen in die Cloud-Welt eintauchen, desto klarer wird: Die Wahlmöglichkeiten sind begrenzt. AWS, Microsoft Azure und Google Cloud teilen den Markt unter sich auf. Das führt zu einer digitalen Monokultur mit struktureller Abhängigkeit.
Digitale Resilienz braucht Vielfalt
Resilienz wird oft auf technische Backups reduziert. Doch wahre digitale Resilienz bedeutet mehr: Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern, Kontrolle über eigene Daten, klare rechtliche Rahmenbedingungen. Wenn kritische Infrastrukturen auf Plattformen laufen, die fremden Rechtsordnungen unterliegen, ist nicht nur die Betriebszeit, sondern auch die Souveränität gefährdet.
US-Gesetze vs. DSGVO – der verdeckte Konflikt
Viele US-Dienste werben mit Serverstandort in Deutschland oder der EU. Doch das ist trügerisch. Der US CLOUD Act verpflichtet amerikanische Anbieter zur Herausgabe von Daten – auch wenn diese in Europa gespeichert sind. Damit sind Datenschutzstandards der DSGVO faktisch ausgehebelt. Safe Harbor und Privacy Shield sind bereits gescheitert, das Vertrauen ist erschüttert.
Microsoft, Amazon, Google & Co: Komfort mit Risiko
Microsoft Office ist seit Jahrzehnten ein Standard – aber das ist Teil des Problems. Die Grundfunktionen haben sich kaum verändert, doch die Cloudintegration macht Unternehmen abhängig:
- Office 365, Azure, Teams – ein geschlossenes Ökosystem
- Aggressive Preispolitik ohne echte Konkurrenz
- Immer komplexere Admin-Oberflächen, die spezialisierte Berater erfordern
- Vendor Lock-in: Wer drin ist, bleibt drin
Gleiches gilt für Amazon: Viele Händler verkaufen aus Bequemlichkeit über den Marktplatz – und verlieren dabei Marge, Kundenzugang und Kontrolle. Google wiederum setzt durch Android, Gmail & Co. globale Standards, die kaum mehr hinterfragt werden.
Lösungswege: Europäische Cloud- und Plattformalternativen
Europa muss sich nicht neu erfinden. Viele leistungsfähige Alternativen existieren bereits:
E-Mail & Groupware:
- mailbox.org, Tutanota, Open-Xchange (alle DE, DSGVO-konform)
Filehosting & Collaboration:
- Nextcloud (DE), Open-Source, voll selbst hostbar
CDN & Security:
- Link11, Myra Security (DE), Bunny.net (SI)
E-Commerce-Plattformen:
- Shopware, JTL, Spryker (alle DE)
Serverless & Hosting:
- OVHcloud, Scaleway (FR), IONOS Cloud (DE), Hetzner (DE)
Betriebssysteme & mobile Datenkontrolle:
- /e/OS, Volla Phone, Nextcloud-Apps
Datenbanken & Entwicklerdienste:
- Aiven (FI), Clever Cloud (FR)
Diese Anbieter sind performant, DSGVO-konform und oft Open Source basiert. Was fehlt, ist mediale Sichtbarkeit, politische Unterstützung und eine klare Förderstrategie.
E-Commerce ohne Amazon – geht das?
Amazon bietet Reichweite, aber zum Preis der Unabhängigkeit:
- Hohe Gebühren, algorithmische Sichtbarkeit, Konkurrenz durch Eigenmarken
- Keine echte Kundenbindung, eingeschränkte Gestaltungsfreiheit
Alternative:
- Shopware: Made in Germany, API-first, individuell anpassbar
- JTL-Shop: Integrierte Warenwirtschaft, ideal für KMU
- Spryker: Modular, skalierbar, headless-ready
Diese Systeme lassen sich mit europäischen Hosting-Partnern datenschutzkonform betreiben – und sichern den direkten Draht zum Kunden.
Marktversagen? Warum jetzt die Politik gefragt ist
Die freie Marktwirtschaft schafft keine Alternativen, wenn Markteintrittsbarrieren hoch und Monopole gefestigt sind. Die EU muss handeln:
- Subventionen für Open-Source- und europäische Cloudlösungen
- Förderung bei Anbieterwechseln (z. B. Exit von Microsoft 365)
- Strategische Investitionen in Infrastruktur
- Aufklärung und Bildung für digitale Souveränität
Schlussgedanke: Freiheit braucht Entscheidung – nicht nur Komfort
Die Cloud ist gekommen, um zu bleiben. Aber ihre Infrastruktur darf nicht in der Hand weniger, außereuropäischer Player liegen. Digitale Souveränität ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Resilienz, Datenschutz und Innovationskraft. Unternehmen sollten heute beginnen, Alternativen zu prüfen – nicht erst, wenn geopolitische Realitäten sie dazu zwingen.
Bequemlichkeit ist keine Strategie. Entscheidung schon.